Vor wenigen Tagen verletzte ein 17-jähriger, junger Mann mit einer Axt in einem Würzburger Regionalzug fünf mitreisende Passagiere so schwer, dass zwei von ihnen zurzeit noch in Lebensgefahr schweben. Spekulationen über einen IS-Hintergrund, den der Attentäter in einem zuvor selbst aufgenommenen Video herstellt, sind jedoch zunächst einmal mit Vorsicht zu genießen. Auch wenn sie hervorragend in die aktuelle, hochemotional aufgeladene Debatte über den Terrorismus im Allgemeinen und den IS-Terror im Speziellen passen würden. Denn auch die Herkunft des Attentäters ist, nach ersten Verlautbarungen Afghanistan, alles andere als sicher. Das vom Amokläufer gesprochene Paschtu wird zwar in Afghanistan, aber auch in Pakistan verwendet. Sprachexperten ordneten seine Aussprache allerdings dem pakistanischen Paschtu zu. So bleiben derzeit auch die Motive zu dieser Gewalttat im Vagen. Denn neben seinen im Video selbstverkündeten Motiven ist derzeit ebenfalls bekannt, dass vor einigen Tagen ein Freund des Attentäters in Afghanistan getötet worden sein soll.
All diese Punkte sind in der öffentlichen Diskussion der letzten Tage zum Würzburger Attentat jedoch ein wenig in den Hintergrund gerückt, denn eine weitere Welle der Empörung schlug über der früheren, grünen Bundesministerin Renate Künast zusammen, als sie über Twitter kritisch die nachfolgende Aktion der örtlichen Polizei hinterfragte. Am irrwitzigsten vielleicht in dieser Kolumne im Focus, wo man als Leser ins Grübeln kommt, ob man sich ob der hanebüchenen Argumentation die Hand vor den Kopf schlagen oder doch lieber gleich selbigen hart auf die Tischkante aufsetzen sollte. Die Polizisten hatten nach dem Attentat, der anschließenden Flucht des Täters aus dem Regionalzug und einem weiteren Angriff auf eine Spaziergängerin den Amokläufer erschossen, wobei ihn zwei der vier Kugeln tödlich trafen. Künasts kritische Frage, ob es zwingend notwendig war, den Täter einfach zu erschießen, wurde ihr allenthalben als ungerechtfertigter Angriff auf die Polizei angekreidet. Doch ist es wirklich so abwegig, bei der Tötung eines Menschen kritisch zu hinterfragen, ob diese „Ultima Ratio“, der Griff zum äußersten Mittel, unbedingt notwendig war?